Home Office und Kinderbetreuung: Eine machbare Kombination in der Corona-Ausnahmesituation


Empfehlungen von Prof. DI Dipl.-Wirtsch.-Ing. Michael Bartz aus der Forschung an der IMC FH Krems

Unter normalen Umständen rät unser Forschungsteam an der IMC FH Krems davon ab, Home Office und Kinderbetreuung zu kombinieren. Hinter dieser Empfehlung steckt Forschung zu wirksamen Regelwerken für mobiles Arbeiten am International Business Institute der IMC. Derzeit befinden wir uns aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus in einer Ausnahmesituation. In Österreich wird bundesweit begonnen, Schulen schrittweise zu schließen. Eltern wird weiterhin empfohlen, Kindergartenkinder zu Hause zu behalten. Als Folge stellt sich für Eltern in unterschiedlichen Abstufungen die Frage, wie Kinderbetreuung und Job in den kommenden Wochen kombiniert werden können. Home Office ist für diese Sondersituation der Lösungsansatz, aber auf bestimmte Zeit und unter den besonderen Umständen dieser Ausnahmesituation. Denn sowohl Eltern als auch die Kinder stellt diese Kombination vor Herausforderungen. Hier ein paar praktische Tipps, die die Kombination von Home Office und Kinderbetreuung auf Zeit ganz gut funktionieren lassen:

  1. Teilen Sie den Tag im Home Office in abwechselnde Phasen ein. Auf eine halbe Stunde bis Stunde Arbeit folgt eine entsprechend definierte, arbeitsfreie Zeit für das Kind oder die Kinder; dann schließt wieder eine Arbeitsphase an, usw. Dieses Vorgehen wird über den Tag sicher wie ein Doppelsprint empfunden und entsprechend anstrengend sein. Aber wichtig ist, in jeder Phase zu fokussieren und nicht zu versuchen, zu mischen. Denn Kinderbetreuung mit Firmenhandy am Ohr geht schief, für das Kind und den Elternteil im Home Office.
  2. Abhängig vom Alter des Kindes: Beziehen Sie das Kind in die Situation mit ein. Erklären sie den Hintergrund, wie der Tag ungefähr ablaufen wird und warum. Und treffen Sie in angemessener Form Vereinbarungen. Dass diese den ganzen Tag halten, ist illusorisch. Aber über gewisse Abschnitte des Tages hinweg wird es funktionieren. Speziell bei sehr jungen Kindern kann versucht werden, spielerisch an das Thema heranzugehen. Wie genau, da ist jeder Elternteil sein bester Experte oder seine beste Expertin.
  3. Außerdem gibt es natürlich die Möglichkeit, Arbeit mehr in die Tagesrandzeiten zu verlagern. D.h. die Kinder ausschlafen lassen und dafür schon zwei Stunden Arbeit in der Früh erledigt haben, bevor der Doppelsprint beginnt. Und am Nachmittag dann wieder ab 18.00 oder 19.00 Uhr nochmals intensiv in den Job einzusteigen. Dieses Vorgehen ist z.B. in der Industrieregion im Nordwesten der USA rund um Seattle seit einigen Jahren bereits ein neuer Standard, der sich in Familien etabliert hat. Insgesamt lassen sich vier bis fünf Stunden fokussierter Arbeit im Randzeitenbereich pro Tag erreichen.
  4. Wichtig sind auch klare Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber. Sollten sie auf den Doppelsprint setzen, dann sprechen sie mit ihrer Chefin oder ihrem Chef explizit vorher darüber. Denn dann ist klar, warum Sie z.B. im Stundenrhythmus über den Tag über längere Abschnitte immer wieder nicht erreichbar sind. Setzen Sie außerdem auf Randzeiten, dann machen Sie das ebenfalls transparent. Denn so mancher Vorgesetzte oder Vorgesetzte ist vielleicht derselbe Chrono-Typ wie Sie, und stimmt wichtige Punkte gerne um 6.00 Uhr in der Früh oder um 19.00 Uhr am Abend mit Ihnen ab. Und wenn nicht, dann ist zumindest klar, dass Sie z.B. am Abend nochmals konzentriert ein Arbeitspaket bewältigen können. Ist diese Transparenz gegeben, kann eine Führungskraft gut damit umgehen.
  5. Jetzt sind wir aber auch soziale Wesen. Bedenken Sie auch das. Aus diesem Grund ist der persönliche und informelle Kontakt im Unternehmen wichtig, sonst empfinden wir Home Office auf Dauer wie ‚Einzelhaft’. Deswegen schaffen Sie bewusst für sich selbst sozialen Kontext in der Arbeit. Dazu nachfolgend zwei Tipps.
  6. Grüßen Sie ihre unmittelbaren Kolleginnen und Kollegen in der Früh bei Arbeitsbeginn virtuell. Ein ‚Guten Morgen’ per Mail oder Chat wirkt da Wunder. Wenn möglichst viele im Team mitmachen, dann gibt das große Hallo am Morgen schon einmal das Gefühl, nicht allein zu sein. Außerdem ist dieser virtuelle Gruß am Morgen aus sachlich-fachlicher Sicht auch gleich das Signal an alle: ‚Ich starte jetzt los. Wenn ihr was braucht, dann meldet Euch.’ Umgekehrt ist es auch am Ende des Arbeitstages ebenso wichtig, sich virtuell zu verabschieden. Wieder entsteht auch hier das Gefühl, in ein Team eingebettet zu sein. Andererseits ist es auf der sachlichen Ebene das klare Signal: ‚Schluss für heute. Bitte lasst mich dann jetzt in Ruhe bis morgen’.
  7. Sozialer Kontext entsteht insbesondere auch über den informellen Austausch: Planen Sie Kaffeepausen bewusst mit einer Kollegin oder einem Kollegen ein. Die Zeiten sind vorbei, in denen Telefonverbindungen per Minute mit der Telekom abgerechnet werden. Lassen Sie die Videokonferenz laufen und trinken sie Kaffee gemeinsam. Plaudern Sie. Tauschen Sie den neuesten Firmentratsch aus oder reden Sie privat. Lass Sie das Unerwartete passieren und auf sich zukommen. So fühlt sich der Kaffeeplausch einigermaßen authentisch an.
  8. Abschließend ein weiterer wichtiger Hinweis: Über 50 Jahre Forschung zu sogenanntem Impression Management zeigt: Es reicht nicht nur hart zu arbeiten. Sondern ebenso wichtig ist es, auch klar in der Firma zu signalisieren, dass man etwas tut und, dass man etwas leistet. Und gerade in Zeiten eines dauerhaften Home Office wirkt das beim Vorgesetzten oder der Vorgesetzten vertrauensbildend. Warten Sie deswegen gar nicht darauf, dass Sie von ihrer Chefin oder Chef gefragt werden, was heute geplant ist, wie es läuft und was alles geschafft wurde. Kommunizieren Sie proaktiv. Geben Sie in der Früh kurz eine Info, was Sie für heute geplant haben und wie der Tag ungefähr ablaufen soll. Scheuen Sie sich auch nicht, wie im Büro, über den Tag kurze Rückfragen zu stellen. Und geben Sie am Abend einen kurzen Status. Das muss keine Mail sein. Das funktioniert auch sehr gut über Chat oder per Telefon.

Natürlich sind die genannten Hinweise nur Hilfsmaßnahmen, und zwar Hilfsmaßnahmen für eine Sondersituation. Allerdings lässt sich auch aus dieser Sondersituation viel Lernen für die Zeit ‚nach Corona’. Vielen der kleinen Tipps fließen gegebenenfalls zukünftig in die tägliche Praxis ein. Und ganz klar: Dass die Kombination von Home Office und Kinderbetreuung kein Dauerzustand ist, wird sicher auch eine ganz klare Erfahrung sein. Wir wollen es nicht schönreden. Anstrengend wird es sein. Aber funktionieren wird es in dieser zeitlich überschaubaren Sondersituation.

Das Ganze als übersichtliche Infotafel für Betriebe bei Familie & Beruf (Bundesminsterium für Arbeit, Familie und Jugend):

https://www.familieundberuf.at/covid-19/home-office-und-kinderbetreuung

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One thought on “Home Office und Kinderbetreuung: Eine machbare Kombination in der Corona-Ausnahmesituation

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